Was hat Spock Dir bedeutet? Teil 2

Wir versprochen hier der unserer Meinung nach drittbeste Essay zum Tode von Leonard Nimoy. Eingesandt von Thomas Blau:

Leonard Nimoy, 1931 – 2015

„In the middle of the earth, in the land of the Shire
There’s a brave little hobbit whom we all admire“

So beginnt ein Song Leonard Nimoys aus dem Jahre 1967. Auf ihn selbst, den Sänger dieser Worte, treffen diese Zeilen natürlich nicht zu. Er lebte weder in Mittelerde noch in
der Mitte der Erde und schon gar nicht im Auenland. Ihn einen mutigen Hobbit zu nennen trifft es wohl nur halb, und wer ihn klein nennt, der hat einfach gar keine Ahnung. Bleibt
noch der letzte Halbsatz. Das ist der einzige Teil dieser Zeilen, der uneingeschränkt und vorbehaltlos auf Leonard Nimoy selbst zutrifft.

1967 wollte sich Nimoy mit solcherlei Projekten von Star Trek distanzieren, um als ernsthafter Schauspieler nicht auf die Rolle des Spock festgelegt zu werden. Und doch…
auf demselben Album erschienen auch die Stücke Spock Thoughts [sic] und Highly Illogical. Die spätere Beziehung Nimoys zu seiner berühmtesten Figur (die in den bekannten Titeln seiner beiden Biographien gipfelte, zuerst I Am Not Spock und dann I Am Spock), zeichnete sich hier schon ab.

Mir selbst ging es auf gewisse Weise wohl ähnlich wie Mr. Nimoy. In den 90ern mit Star-Trek-Wiederholungen im Fernsehen aufgewachsen (beziehungsweise Raumschiff-Enterprise-Wiederholungen, wie wir damals sagten), war Science Fiction im Allgemeinen in der Pubertät eher ‚doof‘. Nicht, weil sie wirklich doof war, sondern wegen des guten alten Gruppendrucks. Und als dann doch mal wieder einer der Filme im Fernsehen lief, verliebte ich mich ganz neu in Star Trek. Wegen Spock. Spock war ein Außenseiter, sozusagen ‚von Natur aus‘. Aber er war in der Crew akzeptiert. In vielerlei Hinsicht nicht, obwohl er anders war, sondern gerade weil er anders war. Und sogar hinter Pilles Kommentaren über das grünblütige Spitzohr steckte letzten Endes doch Zuneigung, ja, Freundschaft.

Aber so, wie Spock nur ein Teil von Leonard Nimoys Leben war, so ist er auch nur ein Teil davon, wie ich Mr. Nimoy wahrnehmen durfte. Zunächst in anderen Rollen, die er spielte, die automatisch Highlights für mich waren (ich kenne keine einzige der Folgen von Cobra, übernehmen Sie, in denen er nicht mitgespielt hat). Aber allerspätestens seit es Youtube gibt, wurde er immer mehr auch als Person für mich greifbar, als Mensch abseits der TV-Kamera. Und was ich erfuhr beeindruckte mich zutiefst. Leonard Nimoy war ein warmer, herzensguter Mensch. Und wenn ihn auf einer der zahllosen Conventions, die er besuchte, Leute nach The Ballad of Bilbo Baggins fragten, einem im besten Sinne albernen, 40-Jahre alten Publicity-Gimmick, so zeigte er sich nie peinlich berührt und ungehalten oder wollte das Thema wechseln. Er stimmte das Lied sogar an! Trotz seines Bestrebens, auch als Musiker ernstgenommen zu werden. Ich habe mir ein Compilation-Album von Leonard Nimoy gekauft, einzig und allein wegen alberner Lieder eines Schauspielers, der nicht singen kann. Bei Track drei oder vier hatte ich vergessen, dass hier Spock singt, und könnte ich I Walk the Line nur halb so gut singen und spielen wie Mr Nimoy, ich wäre überglücklich. So viel also zum Thema ‚ernsthafter Musiker‘.

Ich bin wegen Spock nicht Wissenschaftler geworden oder habe durch ihn die Idee zu einer tollen Erfindung gehabt. Leonard Nimoys schauspielerische Leistung in einer damals 25 Jahre alten Fernsehserie hat mein Leben nicht radikal aus der Bahn geworfen und alles komplett verändert. Ich glaube nicht, dass er der wichtigste Mensch aller Zeiten war. Aber er und seine Schöpfung haben mir Trost gespendet, haben mir Hoffnung gemacht und mein Leben doch zumindest ein ganz kleines bisschen lebenswerter. Spock hat mich als Figur weit mehr interessiert als Gleichaltrige sich wahrscheinlich für Captain Kirks Prügeleien und außerirdische Bettgeschichten interessiert hätten. Wenn Science Fiction nicht so ‚doof‘ gewesen wäre.

Zum Tode Leonard Nimoys wurde viel gesagt, und diese schiere Menge war rührend und überwältigend. Sehr oft war es „live long and prosper“, oder das unvergessliche Zitat aus
Der Zorn des Kahn. Ihr wisst, welches ich meine. Und obwohl beides sehr passend ist, möchte ich doch tief drinnen einfach nur auf die Ballade von Bilbo Beutlin Bezug nehmen und leise und respektvoll flüstern „Mr Nimoy, I admire you“.

Und morgen geht es dann weiter mit Platz 2 :)

Tags: spock

Philipp

Ich bin der Chef von getDigital und war schon immer ein ziemlicher Nerd: Meine Jugend habe ich mit Warhammer, Magic, Pen & Paper und einem extrem nerdigen eMail-Spiel namens Eressea verbracht und gleich danach dann theoretische Physik studiert. Weil mir das aber irgendwie noch nicht gereicht hat, hab ich einfach auch noch mit meinem Freund Florian einen Nerd-Shop gegründet :)

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